Fünf Berufsschulen auf einem Gelände

Der Campus-Plan

Wie die Behörden das Millionenprojekt in Blumenthal umsetzen wollen – und was bisher noch unklar ist

Blumenthal. Vor einem Jahr war es nicht mehr als eine Idee. Inzwischen gibt es erste Pläne – und die feste Absicht, die Idee auch umzusetzen: Wirtschaftsstandort ist es schon, nun soll das frühere Gelände der Bremer Woll-Kämmerei auch Bildungsstandort werden. Behörden und Senat versprechen sich viel von einem Campus für mehrere Tausend Berufsschüler. Sie erwarten sowohl weitere Impulse für das Blumenthaler Zentrum als auch für das Werksgrundstück selbst. Das Millionenprojekt soll dabei helfen, freie Flächen an Firmen zu vermarkten. Was bisher feststeht und was noch nicht. Ein Überblick.

Vor Kurzem waren Claudia Bogedan und Martin Günthner da. Die Bildungssenatorin und der Wirtschaftssenator (beide SPD) wollten noch einmal deutlich machen, wie wichtig sie das Vorhaben finden. Das Treffen auf Burg Blomendal war quasi Auftakt für das Projekt. Die Behördenchefin und der Behördenchef hielten Impulsvorträge. Auch Andreas Heyer, Chef der Wirtschaftsförderung, mehrere Mitarbeiter der Ressorts, Schul- sowie Ortsamtsleiter sprachen über das, was kommen soll: ein Campus, den es so in Bremen noch nicht gegeben hat. Der fünf Berufsschulen aus dem Norden und dem Westen der Stadt auf einem Grundstück vereint. Und der so groß ist, dass er in mehreren Etappen gebaut werden muss.

In wie vielen, kann Vivien Barlen noch nicht sagen. Die persönliche Referentin der Bildungssenatorin sagt, dass der Umbau des Sortiergebäudes der Woll-Kämmerei den Anfang macht – und die Blumenthaler Berufsschule die erste ist, die dort einziehen wird. In dem früheren Industriebau soll sie bekommen, was ihr seit Jahren fehlt: Platz. So viel, dass sie künftig mehr Erzieherinnen ausbilden kann, weil es zu wenige von ihnen gibt. Behördenchefin Bogedan rechnet damit, dass die ersten Klassen spätestens 2023 am neuen Standort unterrichtet werden. Die Berufsschulsparten der Burglesumer und Vegesacker Schulzentren sollen später folgen. Genauso wie die Schule für Metalltechnik in Oslebshausen.

Gespräche mit Beiräten

Wann und in welcher Reihenfolge, das soll nach Angaben ihrer persönlichen Referentin jetzt mit den Schulleitern und den Beiräten der einzelnen Stadtteile ausgearbeitet werden. Barlen zufolge hängt das eine wie das andere davon ab, welche Möglichkeiten es gibt, die Gebäude und Trakte an den alten Standorten neu zu nutzen. Beziehungsweise wie schnell. Und weil das noch beraten wird, kann nach ihren Worten bislang auch nicht verlässlich abgeschätzt werden, wie viel unterm Strich der Umzug der Schulen, der Umbau des früheren Sortiergebäudes und der Neubau weiterer Gebäude für den Berufsschulcampus am Ende kosten werden.

Genaue Zahlen hat auch Peter Nowack nicht. Der Blumenthaler Ortsamtsleiter nennt trotzdem welche. Er schätzt, dass allein die Sanierung des Sortiergebäudes bis zu 15 Millionen Euro kosten wird. Nowack beruft sich auf eine Kalkulation, die es vor einigen Jahren gab, als man den viergeschossigen Altbau schon einmal modernisieren wollte. Damals lag die Summe ihm zufolge bei annähernd zehn Millionen Euro, aber: „Zu dieser Zeit wusste noch niemand, was man jetzt weiß.“ Der Ortsamtschef spricht davon, dass das Dach des ehemaligen Woll-Kämmerei-Gebäudes komplett marode ist – und von einem großen Aufwand, der betrieben werden muss, um es wieder instand zu setzen.

Nach Nowacks Rechnung ist das Sortiergebäude etwa 7500 Quadratmeter groß. Nach den Plänen der Behörde soll es deshalb nicht allein von der Blumenthaler Berufsschule genutzt werden, sondern auch von anderen Schulen. Welche noch in den Klinkerbau kommen, ist unklar. Sicher ist nur, dass der Platz des Gebäudes für alle Schüler nicht ausreichen wird. Nach der Statistik der Behörde gibt es an allen Berufsschulen, die auf dem Campus vereint werden sollen, 3899 Schüler und 281 Lehrkräfte. Darum will das Ressort den Altbau mit Neubauten verbinden. Neben dem Sortiergebäude ist eine Fläche von knapp vier Hektar frei. Mehrere Planungsbüros sind mittlerweile dabei, sie zu füllen.

Nowack hofft nicht nur, dass gut wird, was die Architekten entwerfen. Er erwartet auch, dass die Behörde mehr plant als nur Unterrichts- und Fachräume. Zum Campus gehört für ihn auch eine Mehrzweckturnhalle, nicht irgendeine, sondern eine moderne und vor allem große. „Wenn später mehrere Tausend Berufsschüler kommen, reicht ein Nullachtfünfzehn-Gebäude für den Sportunterricht nicht.“ Nowack hat es mal grob überschlagen. Er veranschlagt eine Summe von 20 Millionen Euro für eine Halle – und einen mindestens siebenmal so großen Betrag für alle Um- und Neubauten. Der Ortsamtsleiter geht davon aus, dass die Arbeiten im früheren Sortiergebäude noch in diesem Jahr beginnen.

Wann der Campus komplett fertig sein soll, sagt die Bildungsbehörde nur so ungefähr. Sie hält eine Bauzeit von zehn bis zwölf Jahren für realistisch. So steht es in einer Vorlage des Ressorts, die kürzlich in der Deputation beraten wurde. Und auch, worauf Tim Cordßen besonderen Wert legt. Der Sprecher von Wirtschaftssenator Günthner sagt, dass sich rund um den neuen Berufsschulstandort auch neue Betriebe ansiedeln sollen. Der Vorteil aus seiner Sicht: kurze Wege. Zum einen für die Auszubildenden der Firmen, um zur Schule zu gelangen. Zum anderen für die Unternehmen, um Fachkräfte zu finden. 30 bis 40 Berufssparten sieht das Ausbildungsprogramm am Blumenthaler Campus vor.

Cordßen spricht von kleinteiligem Gewerbe, das sich niederlassen soll. Von Firmen, die Flächen zwischen 1000 und 1200 Quadratmeter brauchen. Und davon, dass der Campus nicht etwa kommt, weil bisher Versuche gescheitert sind, die restlichen Grundstücke zu verkaufen, sondern weil er an dieser Stelle sinnvoll ist. Die Vermarktung des Woll-Kämmerei-Geländes hat ihm zufolge auch ohne Berufsschule funktioniert. Nach seinen Zahlen sind 23 der 27 Hektar mittlerweile erschlossen, 18 verkauft und vier für Vorhaben reserviert. Macht fünf Hektar, die noch frei sind. Für Cordßen ist das nicht bloß ein guter Schnitt. Er spricht von einem Verkaufserfolg. Seit 2007 werden die Flächen vermarktet.

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