Blumenthal. Ob das künftige Domizil des Schulzentrums (SZ) Blumenthal tatsächlich auf dem ehemaligen Gelände der Bremer Woll-Kämmerei (BWK) entstehen und dort Teil eines Berufsschulcampus‘ sein wird, steht noch nicht fest. Dass die Beruflichen Schulen für Hauswirtschaft und Sozialpädagogik umziehen werden, ist dagegen beschlossene Sache. „Die Schule platzt aus allen Nähten“, sagt Schulleiterin Rita Haurenherm und nennt damit auch den Grund für den geplanten Ortswechsel.
Und die Schule wird weiter wachsen, denn in den kommenden Jahren kommen neue Bildungsangebote hinzu. Eine Berufsfachschule für Pflegeassistenz entsteht bereits 2019. Später sollen eine Fachschule für Heilerziehungspflege und eine Fachschule für Heilpädagogik folgen. Außerdem wird künftig eine Berufsvorbereitung für Schülerinnen und Schüler mit „besonderen Bedarfen“ angeboten, das heißt für junge Menschen, die aufgrund einer Behinderung Einschränkungen haben.
Derzeit wird für alle Berufsschulen in Bremen ein Standortplan erarbeitet. Die Fertigstellung wird nach Angaben von Annette Kemp, Sprecherin der Bildungsbehörde, allerdings noch einige Zeit beanspruchen. Immerhin steht ein Berufsschulcampus für Blumenthal bereits im Handlungskonzept „Bremen 2035“, das die Zukunftskommission unter der Leitung von Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) erarbeitet hat. „Das alles könnte ein Riesenprojekt für ganz Bremen werden“, so Kemp.
Der Standortplan bietet den Berufsbildenden Schulen ihren Worten nach eine Perspektive. „Dazu muss aber auch die Gesamtsituation bewertet werden. Die Standorte stehen in Beziehung zueinander, beziehungsweise zum allgemeinbildenden Bereich. Das alles muss in einen Standortplan für die Berufsbildenden Schulen einfließen.“ Laut Volker Hach, Architekt bei Immobilien Bremen, der Liegenschaftsverwaltung der Stadt, wird der Standort BWK „geprüft und allgemein befürwortet“.
Wie berichtet, hat die Bildungsbehörde eine Studie in Auftrag gegeben, die klären soll, wo sich die beiden Standorte des Schulzentrums Blumenthal besser vereinen lassen: auf einem brachliegenden Grundstück an der Ermlandstraße Ecke Kreinsloger oder eben auf dem ehemaligen Areal der Woll-Kämmerei.
Auch wenn noch nicht feststeht, wo das neue Gebäude gebaut wird, haben die ersten Planungen für den Neubau des SZ Blumenthal bereits begonnen. Dabei werden die Schulleitung, alle Mitarbeiter – vom Hausmeister bis zum Lehrerkollegium – und auch die Schüler mit einbezogen. In Workshops haben sie gemeinsam Anforderungen und Wünsche für das neue Gebäude erarbeitet. Moderiert wird der Prozess von Petra Regina Moog von der Sophia-Akademie, die auf die Begleitung von Veränderungs- und Entwicklungsprozessen im Bildungsbereich spezialisiert ist. Involviert sind außerdem Vertreter der Bildungsbehörde und Volker Hach von Immobilien Bremen.
„Phase Null“ nennt Workshop-Leiterin Moog diese Phase bei größeren Bauvorhaben, in der ein Raumprogramm als Grundlage für das weitere Planungsverfahren festgelegt wird. In aufeinander abgestimmten Schritten soll so ein Ergebnis erzielt werden, das alle Beteiligten zufriedenstellt. Ziel sind optimale Raumbedingungen, die künftig das Lernen und Lehren unterstützen.
Welche Kriterien müssen die künftigen Räume erfüllen, um pädagogischen Anforderungen zu entsprechen? Wie stellen sich die Schüler den Innen- und den Außenbereich der Schule vor? Und wie sollten die Räume am sinnvollsten angeordnet sein? Mit diesen und vielen weiteren Fragen beschäftigten sich die Lehrer und Schüler und wurde damit selbst zu Architekten und Experten in Sachen Schulplanung. „Wenn Lehrer und Schüler ihre Schule selbst planen, kommt Kreativität und Fachkenntnis zusammen“, sagt die stellvertretende Schulleiterin Daniela Thies, die von der Möglichkeit der Mitgestaltung ebenso begeistert ist, wie ihre Kollegen.
Die Sprecher aller Klassen haben sich bei den Workshops mit viel Engagement eingebracht. „Es hat sie nicht gestört, dass sie das Gebäude, für das sie gerade Ideen entwickeln, selbst nicht als Schüler erleben werden“, ist der Eindruck von Lehrerin Doris Alfert-Krämer. W-Lan-Empfang auf dem gesamten Schulgelände, gemütliche Sitzecken sowie Snack- und Getränkeautomaten standen bei den Schülern ganz oben auf der Wunschliste. „Chilliger“ soll die Schule sein, fasst Petra Regina Moog die Ergebnisse zusammen.
Mit Lego-Steinen entwarfen die Schüler schließlich die Schule der Zukunft, an der es – wenn es nach ihnen geht – unter anderem viele Schränke und Spinde, einen Monitor mit einem Online-Vertretungsplan, eine Memowand für kreative Gedanken und im Außenbereich ausreichend Parkplätze sowie einen Fußballplatz geben soll.
Bevor die Schule jedoch einen schönen Neubau beziehen kann, müssen sich Lehrer und Schüler vorübergehend mit Unterricht in Mobilbauten zufriedengeben. Im Schuljahr 2019/2020 bekommt die Berufsschule zunächst drei neue Container, einen für die Berufsfachschule für Pflegeassistenz und zwei für die Berufsfachschule für Hauswirtschaft und Familienpflege. Im Schuljahr 2020/2021 soll ein weiterer Container für die Berufsfachschule für Pflegeassistenz und im Schuljahr 2021/2022 noch einer für die Fachschule für Heilerziehungspflege aufgestellt werden.
Derzeit besuchen nach Angaben von Rita Haurenherm etwa 600 Schüler das Schulzentrum Blumenthal mit seinen zwei Standorten an der Eggestedter Straße und an der Lüder-Clüver-Straße. Bis zum Jahr 2024 soll die Schülerzahl bis auf 1000 Schüler anwachsen, sagt die Schulleiterin. Das hängt einerseits mit der Zahl der Ausbildungsplätze für Erzieher zusammen, die in Bremen erhöht werden soll, und andererseits mit den neuen Bildungsgängen. „Das ist natürlich an den Neubau gekoppelt“, so Haurenherm.
Derzeit befinden sich an der Eggestedter Straße die Verwaltung und hauswirtschaftliche Bildungsgänge zur Berufsorientierung, -vorbereitung und -qualifizierung in den Tätigkeitsfeldern Hauswirtschaft, Gesundheit und Soziales. Darüber hinaus gibt es dort Vorkurse, in denen geflohene Jugendliche auf den Übergang in die Regelklassen vorbereitet werden. In der Dependance des Schulzentrums Blumenthal an der Lüder-Clüver-Straße sind die sozialpädagogischen Bildungsgänge angesiedelt. Die Schüler können hier eine Ausbildung zum Sozialpädagogischen Assistenten oder zum Erzieher machen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, an der Fachoberschule für Gesundheit und Soziales die Fachhochschulreife zu erwerben.
Daniela Thies und Rita Haurenherm würden das Gelände der ehemaligen BWK als neuen Standort begrüßen. „Der Ort wäre ideal, vor allem durch die Nähe zum Bahnhof Blumenthal“, nennt Rita Haurenherm einen Vorteil. Auch von der Campus-Idee ist das Schulleiterinnen-Team überzeugt. „Dadurch würden sich viele Synergien ergeben“, ist Daniela Thies überzeugt.
In Bremen-Nord befinden sich folgende Berufliche Schulen:
„Das alles könnte ein Riesenprojekt für ganz Bremen werden.“
Annette Kemp, Sprecherin Bildungsbehörde
aus die Norddeutsche vom 03.12.2018
aus dem Weser Kurier 03.12.2018